Alle Jahre wieder schlägt der Blogwichtel zu, diesmal in Gestalt meiner geschätzten Netzwerkkollegin Snezana Galijas, die uns erklärt, wie man nicht nur Werbetexte, sondern auch erfolgreiche Werbetexte erhält. Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag!
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Eins, zwei, drei – fertiger (Werbe-)Text? Was Sie vor dem Texten wissen sollten.
Eines der schönsten „Dinge“, die das Leben mir geschenkt hat, ist das Netzwerk Texttreff. Das ist jetzt 11 Jahre her, und ich mag keinen virtuellen Austausch, kein Workshop-Wochenende, kein ITT (Internationales Textinentreffen) missen. Eine von sehr vielen, sehr guten Erfindungen ist das Blogwichteln. Hier wird kein Schrott gewichtelt, sondern das getauscht, was wir Textfrauen am besten können: Texte.
Meine diesjährige, mir per Los zugeteilte Blogwichtelpartnerin ist Birte. Eine Weile habe ich überlegt, ob ich Birte mit einem Beitrag über meine zweite Leidenschaft beglücke, dem Wildgans Qigong. Denn ohne diese täglichen, 10-minütigen Übungen wäre ich weder körperlich noch geistig so leistungsfähig und kreativ. Letzteres ist unheimlich hilfreich in einem kreativen Beruf wie dem der Werbe- und PR-Texterin. Ich hätte zudem vom langen Sitzen Rücken- und Schulterprobleme und wahrscheinlich noch ein paar gesundheitliche Probleme mehr. Ich werde deshalb nicht müde zu betonen, wie wichtig körperliche und geistige Instandhaltung, insbesondere für uns Schreibtischtäter ist.
Wie entsteht ein guter (Werbe-)Text?
In meinem heutigen Gastbeitrag soll es darum gehen, wie idealerweise ein guter Text entsteht. Denn – um bei der Metapher „Bewegung“ zu bleiben – jede Höchstleistung braucht ein Ziel, einen Plan und schließlich die richtigen Trainingsmaßnahmen, um am Ende den Pokal in den Händen zu halten oder wenigstens im Ziel anzukommen. Bevor man also einen fertig ausformulierten Text in einer hübsch gestalteten Anzeige, Broschüre oder Website einpflegt, sollte man folgende Fragen durcharbeiten:
1. Analyse
Im ersten Schritt beschäftigen Sie sich mit Ihrem Produkt bzw. Ihrer Dienstleistung und dem Umfeld. D.h. wie sieht der Markt bzw. die Marktsituation aus, in der Sie sich bewegen? Welche Stellung und Image hat Ihr Produkt / Ihre DL darin? Was sind die Unterschiede zu den Mitbewerbern und deren Produkten, Aussagen und zum kommunikativen Auftritt?
Ein ganz entscheidender Punkt ist die Zielgruppe, denn an deren Bedürfnissen und Gewohnheiten orientieren sich später Ihre Strategie und die Maßnahmen. Viele Unternehmen scheuen davor zurück, sich auf eine Zielgruppe festzulegen aus Angst, Marktanteile, also potenzielle Kunden, zu verlieren bzw. zu verprellen. Diese Sorge ist unbegründet. Im Gegenteil: Je genauer Sie Ihre Leistung beschreiben und je genauer Sie dabei die Bedürfnisse Ihrer Wunschkunden vor Augen haben, desto besser werden Sie von den richtigen Menschen wahrgenommen, desto besser werden diese sich verstanden fühlen. Und desto zielgerichteter und treffsicherer werden Ihre Kommunikationswege, Ihre Ansprache und letztlich Ihr Text sein. Mögliche Zielgruppendefinitionen sind:
• Privat- oder Gewerbekunden
• Angestellte, Unternehmer, Eigenheimbesitzer, Vielflieger, etc.
• Region
• Männer/Frauen/Kinder
• Alter
• Einkommen
• Soziale Gewohnheiten (Theater, Sport, Hobbys)
• etc.
Aufgabenstellung:
Als nächstes überlegen Sie, was eigentlich genau die Aufgabe oder das Problem ist, die Sie jetzt lösen wollen. Was wollen Sie mit diesem Konzept (also dem späteren Text) erreichen? Vielleicht wollen Sie ein neues Produkt auf den Markt bringen, Ihr Unternehmen bekannter machen oder Ihr Image aufpolieren? Ganz wichtig für Ihre Strategie ist ein Blick auf Ihre persönlichen/unternehmerischen Stärken und Schwächen und die derzeitigen Chancen und Risiken auf dem Markt. Der Fachbegriff hierfür lautet SWOT-Analyse: Strength, Weaknesses, Opportunities und Threats. Eine gute Recherche kann hier buchstäblich Gold wert sein und eine vorgefasste Idee über den Haufen werfen bzw. einen kompletten Richtungswechsel einleiten. Betrachten und analysieren Sie gesellschaftliche, (welt-)politische, soziale und andere Gegebenheiten und Entwicklungen als Basis für Ihre Positionierung und Ihre Kernaussagen.
2. Strategie
Ihre Marketing- und Kommunikationsziele werden hier definiert und zum Nachlesen niedergeschrieben. Marketingziele sind in erster Linie konkrete Zahlen, wie Umsatzsteigerung um X %, Kundenzuwachs um Y %, Zugriffszahlen um Z %, etc. Die Kommunikationsziele hingegen haben mit der Einstellung der Zielgruppe zu tun, beeinflussen also mehr das Denken über Ihr Produkt und Ihr Unternehmen, Ihr Image sowie die Wahrnehmung.
Ziel- und Dialoggruppen
Neben der direkten Zielgruppe gibt es auch die sogenannten Dialoggruppen. Das sind Menschen, Organisationen und Meinungsbildner, über die Sie indirekt an Ihre Zielgruppe kommen, indem diese über ihr Produkt sprechen oder es empfehlen. Dies ist z.B. relevant, wenn Sie PR und Pressearbeit machen wollen.
Positionierung und Kernbotschaften
Hier sollte so klar wie möglich stehen, wie Sie Ihr Produkt oder Dienstleistung positionieren bzw. vom Wettbewerb abgrenzen. Welches sind die Kernbotschaften für die jeweilige Ziel- bzw. Dialoggruppe? Was sollen diese über Ihr Produkt/Ihr Unternehmen denken? Welche Verhaltensänderung wollen Sie bewirken? Hier helfen Ihnen die gut recherchierten Ergebnisse aus Ihrer SWOT-Analyse.
Beispiel: Barrierefreies Wohnen
Ihre erste Zielgruppe, die Verbraucher (als Zielgruppe oben genauer definiert), soll u.a. denken, dass Barrierefreiheit sinnvoll ist und welche Vorteile sie jetzt schon hat, auch wenn man noch jung und mobil ist. Die Dialoggruppe Kooperationspartner und Multiplikatoren soll der Meinung sein, dass barrierefreies Wohnen im Trend liegt und sie ihren Kunden Mehrwert bietet, indem sie sich als kompetenter, moderner Berater profiliert. Für die Medien als dritte Dialoggruppe sind Neuigkeiten immer interessant, insbesondere wenn sie gesellschaftlich brisante Themen ansprechen, wie die demografische Entwicklung oder Wohnungsnot. Die Kernbotschaften für Sie als Unternehmen könnten z.B. sein: Barrierefreies Wohnen passt zu allen Lebensmodellen: von der jungen Familien bis zum Senior. Oder: Barrierefreies Wohnen/Bäder lösen ein Problem, das in der Zukunft auftreten wird (Wohnungsnot).
Idealerweise steht am Ende Ihrer Positionierung und Strategie eine Leitidee, ein Slogan, der all Ihre Botschaften auf einen Satz verdichtet, z.B.: Barrierefrei in allen Lebenslagen.
3. Umsetzung
Bei der Umsetzung handelt es sich um die physische Realisierung der Strategie. Es werden Maßnahmen, Handlungspläne und die Steuerung (Evaluation) festgehalten. Die Herausforderung jeder kommunikativen Umsetzung ist die ideale Kombination aus minimalem Einsatz und maximaler Wirkung. Für kleinere Unternehmen sind groß angelegte, teure Kampagnen meistens nicht umsetzbar. Deshalb sind Maßnahmen gefragt, die kontinuierlich und zielgerichtet aufeinander aufbauen und innerhalb eines kalkulierbaren (monatlichen) Budgets und entsprechend den personellen Ressourcen abgearbeitet werden können. Maßnahmen sind zahlreich und richten sich nach Ihren Zielen und Kanälen, über die Sie Ihre Zielgruppe und die Ziele am besten erreichen. Diese können in der externen Kommunikation sein:
Printmedien: Anzeigen, Broschüre, Flyer, Mailings, Plakate, Wurfblätter, etc.
Onlinemedien: Website, Blog, Newsletter, Facebook, Twitter, XING, etc.
PR und Pressearbeit: z.B. in der Fach- und Tagespresse
Kooperationen: z.B. mit Unternehmen, die die gleiche Zielgruppe bedienen.
Sponsoring: z.B. Unterstützung eines (regionalen) Sportvereins oder Events
Networking: z.B. Vorträge in Netzwerken
Auch die interne Kommunikation zählt dazu, also der Austausch mit Ihren Mitarbeitern, z.B. über Events, Schulungen, Mitarbeiterzeitung, Features über Mitarbeiter, etc. Schließlich sind die Mitarbeiter Ihr bestes Kapital, ohne die kein Produkt oder Dienstleistung an den Kunden kommt.
Redaktions- und Maßnahmenplan
Sind die Maßnahmen definiert und festgehalten, sollte diese in einem Zeitplan mit Zuständigkeiten und Terminen festgehalten werden.
4. Kontrolle
Viele Unternehmen tun dies nicht, weil an der Stelle oft die personellen Ressourcen fehlen. Dabei gibt die Kontrolle Rückschlüsse darauf, wie erfolgreich eine Maßnahme war und ob sie eventuell verändert, ausgetauscht oder komplett eingestellt werden soll.
Meine Eingangsfrage war, wie ein guter Text entsteht. Nun haben Sie eine Idee, warum man nicht einfach rauflostexten sollte, ohne eine Ahnung zu haben, wen man mit welcher Botschaft und welchem Ziel ansprechen möchte. Die handwerklichen Regeln des Textens bezüglich Aufbau etc. gilt es natürlich trotzdem zu beachten.
Snezana Galijas ist Konzeptionerin und Werbe- und PR-Texterin in Hainburg bei Frankfurt. Sie unterstützt Unternehmen von der Beratung und Konzeption bis zur fertigen Maßnahme. www. apropos-text.de