Meine liebe Kollegin Katja Flinzner hat in ihrem Blog mehrsprachig-handeln zur Blogparade über Spanien aufgerufen. Zeit für einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit.
(Bild: Birte Mirbach)
Ich hatte von Anfang an vorgehabt, in den Ländern meiner Sprachen auch jeweils wenigstens ein paar Monate zu verbringen. Die kleinen Unterschiede im Alltag lernt man eben nur dort kennen – im Alltag. Den Anfang machte Spanien, wo ich insgesamt acht Monate gelebt und studiert habe.
Eigentlich sagt man den Franzosen das Laisser-faire nach, die Spanier können das in mancher Hinsicht aber mindestens genauso gut. Und damit meine ich nicht nur das berühmt-berüchtigte „mañana“. Bis dato kannte ich es nur so: Wenn ich in Deutschland an der Kasse 14,53 DM bezahlen sollte, musste ich auch genau 14,53 DM hinblättern. Falls ich nur 14,51 DM hatte, bekam ich die Ware einfach nicht oder musste einen Artikel ins Regal zurücklegen. Und wenn ich stattdessen 14,60 DM gab, erhielt ich auch exakt 7 Pfennig zurück. Nicht so in Spanien. Die Kasse zeigte 153 Peseten an, ich hatte aber nur 150? Macht nichts, das reichte auch. So genau nahm man es damit nicht. Andererseits wurde aber auch erwartet, dass ich nicht auf meine zwei Peseten Wechselgeld bestand, die ich überzahlt hatte. Stelle man sich das mal in Deutschland vor. Wehe, wenn da am Ende des Tages die Kasse nicht auf den Pfennig genau stimmt.
Verblüfft hat mich auch die Frage nach der Nummer meines Personalausweises. Ich, meine Personalausweisnummer auswendig können? Wieso das denn? Spanier können das. In Spanien ist die Angabe dieser Nummer bei vielen Gelegenheiten zwingend vorgeschrieben. Kein amtliches Schriftstück und kein Bankgeschäft ohne diese Nummer. Und wenn man den Ausweis beantragt, muss man auch noch seine Fingerabdrücke abgeben. Wenn man das von den Deutschen verlangen würde, gingen sie wahrscheinlich auf die Barrikaden von wegen Datenschutz (Dass sich andererseits viele von ihnen im Internet quasi nackig machen steht wieder auf einem anderen Blatt).
Ungewöhnlich fand ich auch, dass Schüler und Lehrer beziehungsweise Professoren und Studenten sich duzen. No hay problema, daran hatte ich mich in Windeseile angepasst. Deutlich schwieriger war die Umgewöhnung, als ich wieder nach Deutschland zurückgekehrt war. Die meisten Dozenten dort hätten es mir ziemlich krumm genommen, wenn ich sie geduzt hätte. Okay, die Dolmetschlehrerin aus Navarra nicht, und die Lateinamerikaexpertin aus Kuba auch nicht, aber das waren ja auch keine Deutschen.
Frühstücken habe ich mir in Spanien größtenteils abgewöhnt. Spanier frühstücken kaum. Da werden einfach ein paar Kekse in den Kaffee gestippt (eine kleine Tasse, kein großer Pott wie in Deutschland), oder vielleicht ein bisschen Obst gegessen, und das war es auch schon. Das reichliche und späte Abendessen hält eben noch vor. Wer es üppiger mag, geht zum Frühstücken vielleicht ins Café und bestellt sich eine Portion Churros con Chocolate. Mehr als vier, fünf Stück sind das aber auch selten. Und wenn dann vormittags irgendwann der Hunger kommt, darf es gerne ein süßes Gebäckteilchen sein. Bis zum Mittagessen gegen 14 Uhr ist es schließlich noch eine Weile hin.
Selbst bei so banalen Sachen wie Geschirrspülen gibt es Unterschiede. Wie wäscht der Deutsche ab? Er gibt ein paar Tropfen Spüli ins Waschbecken und lässt heißes Wasser zulaufen, worin er dann das Geschirr abspült. Der Spanier hingegen gibt Spüli auf ein feuchtes Tuch oder einen feuchten Schwamm, reibt damit kräftig das schmutzige Geschirr ein und spült es dann mit sehr viel Wasser unterm Wasserhahn sauber. Wieso haben wir im verregneten Deutschland eigentlich die wassersparendere Methode entwickelt?
Witzigerweise lief in der Zeit, als ich meine Koffer für Spanien packte, in Deutschland Werbung für ein Spülmittel im Fernsehen. Sie erinnern sich? Villariba und Villabajo spülen um die Wette ihre Paellapfannen sauber, damit die Bewohner der beiden Dörfer endlich ihre Fiesta fortsetzen können. Die gleiche Werbung lief auch im spanischen Fernsehen. Allerdings hatten sie die beiden Dörfer dort in Ober- und Unter-„irgendwasdeutsches“ umgetauft. Die Spültechnik lokalisiert hatten sie in der deutschen Fassung allerdings nicht, in der Größe gab es schlicht kein Spülbecken. Für die Riesenpfannen hätte man schon ein Schwimmbecken gebraucht. Also durften sie, genauso wie die Spanier, die Pfannen mit Schrubbern und Wasserschlauch bearbeiten. Der Werbespot wurde übrigens auch der Zündfunke für eine spanische Fernsehserie, in der sich zwei Dörfer beharken.
Jetzt bin ich schon lange wieder in Deutschland zurück, und was ist geblieben? Ich spüle mein Geschirr immer noch auf die deutsche Art und Weise und liebe Churros con Chocolate zu jeder Tageszeit. Nur das Frühstücken musste ich mir hier erst wieder angewöhnen.