Meine Kollegin Ricarda Essrich fragt in ihrer Blogparade danach, wie wir denn unsere Sprachen gelernt haben. Spontan kann ich da nur sagen: über Comics.
Gut, in der Schule hatte ich auch ein normales Lehrbuch als ich in der 5. Klasse endlich regulär Englisch lernen durfte; ich hatte mich schließlich schon seit dem Kindergarten aufs Englischlernen gefreut. Leider gehörte ich zu den Pechvögeln, die noch mit dem völlig veralteten Englischbuch arbeiten mussten. Das Vokabular war teilweise schlichtweg unbrauchbar. Ich stelle mir das gerade bildlich vor, wenn ich an eine britische Tankstelle fahre und dort nach three-star frage. Wahrscheinlich wird der Tankwart mich wie Auto ansehen und an den nächsten Oldtimerclub verweisen. Und Diesel kam in dem Lehrwerk noch nicht einmal vor.
Gut, dass ich nicht nur aufs Lehrbuch angewiesen war. In Ermangelung ausreichender Hindi- und Somalikenntnisse musste ich mit unseren auswärtigen Freunden eben Englisch reden. Und in Simbabwe, Indien, Tansania und den Emiraten lasen wir eine englische Tageszeitung statt einer deutschen. Da lernt man dann auch so tolles Vokabular wie „curfew“ (Ausgangssperre). Ist doch viel spannender als „perambulator“ (Kinderwagen) aus dem Schulbuch, vor allem wenn man noch ein Teenager ist. Und irgendwann lag dann auch das erste englische Comic auf meinem Tisch. Seitdem weiß ich, dass Daniel Düsentrieb im Englischen namentlich ein Rad ab hat (Gyro Gearloose) und das Schwarze Phantom dort den charakteristischen Klecks seiner Anfangszeit sogar im Namen trägt (Phantom Blot). Im Spanischen haben sie das „Phantom“ wiederum weggestrichen und nur den Klecks (Borrón) als Namen gelassen.
Aber bei Disney blieb es natürlich nicht. Bald kamen Asterix, Tim und Struppi sowie Lucky Luke hinzu, die ich letztendlich drei- oder viersprachig gelesen habe. Und auf der anderen Seite erweiterte ich meinen Sprachkanon nacheinander um Französisch (zum Glück als erster Jahrgang mit den modernen Lehrbüchern), Spanisch und Niederländisch. Das Abitur kam, das Studium fing an und führte mich nach Spanien, Großbritannien und – Belgien. Belgien, das Land der neunten Kunst, der franko-belgischen Comics, das Land mit der wahrscheinlich höchsten Pro-Kopf-Comicproduktion weltweit. Das Paradies. Fast überall in Brüssel finden sich Spuren davon: Comicläden, Comicfiguren an den Häuserwänden, Läden die fürs passende Deko sorgen und Kunststofffiguren von allen möglichen Comicgestalten anbieten, und natürlich das Comicmuseum. Brüssel ist eben mehr als nur Manneken Pis und seine unbekanntere kleine Schwester Janneke Pis. Und wenn man dann einmal die Läden gefunden hat, wo man günstige Comics findet und eine gute Auswahl hat – jippie! Es gibt dort einfach alles: Comics für Kinder, für Erwachsene, Science Fiction, Abenteuer, Krimi, Humor, ferne Welten, historisch, exotisch, erotisch, realistisch, haste nicht gesehen. Und wenn ich den nächsten Band einer Reihe nicht auf Niederländisch bekomme, nehme ich ihn eben auf Französisch. Oder Englisch. Oder Deutsch. Ich treibe damit nur leider manchen Freund in den Wahnsinn, der sich auch für meine Comics interessiert und am zweiten oder dritten Band scheitert, weil er/sie die jeweilige Sprache nicht beherrscht. Tschuldigung, auf solche Kleinigkeiten achte ich eben nicht. Mein Bücherregal ist auch nicht nach Sprachen, sondern nach Sachgruppen und Autoren sortiert, wie soll ich meine Bücher sonst wiederfinden? Ich kann mich oft nicht erinnern, in welcher Sprache ich etwas gelesen habe.
Als ich schließlich nach Deutschland zurückkehrte, brachte ich gefühlt eine Tonne Comics einmal quer durch den belgischen Garten mit. Selbst heute stelle ich fest, dass mein Schwerpunkt comicmäßig neben Disney eindeutig auf belgischen Comics liegt. Muss wohl die große Auswahl schuld sein.
Nur bei meiner nächsten Sprache werde ich mir etwas anderes ausdenken müssen. Die Comicproduktion auf Suaheli ist bisher nicht sonderlich groß. Vielleicht sollte ich es doch lieber mit Italienisch versuchen? Die Italiener haben auch eine recht ansehnliche Comicproduktion, wie ich mir aus sicherer Quelle hab sagen lassen.