Texte sind nicht die einzigen Herausforderungen, die man im Alltag eines Übersetzers zu bewältigen hat. Manchmal sind es auch ganz andere Dinge, mit denen man nicht unbedingt rechnet, geschweige denn, dass man sie sich wünscht.
Dieser Tage bekam ich per E-Mail eine Anfrage von einem Herrn A. aus den USA, wie viel es kosten würde, wenn ich ihm sein umfangreiches Handout für eine Wirtschaftskonferenz übersetzte. Auf den ersten Blick wirkte diese Anfrage unverdächtig, und ich schickte ihm ein Angebot. Binnen weniger Minuten kam die Antwort: Ich hätte den Auftrag. Soweit so gut, welcher Übersetzer freut sich nicht über einen interessanten Auftrag bei dem die Bezahlung stimmt?! Was mich stutzig werden ließ, waren einige Einzelheiten, wie zum Beispiel die eher spärlichen Kontaktdaten dieses (vermeintlichen) Kundens und die Art der Anrede. Auch dass sein Partner in Irland mich unbedingt mit einem Scheck bezahlen sollte. Warum nicht überweisen? Innerhalb Europas ist das dank SEPA mittlerweile völlig problemlos und gebührenfrei. Eine kurze Recherche im Internet bestätigte meinen Verdacht: Offenbar hat dieser Herr (der sich mir mit Sicherheit nicht mit dem Namen vorgestellt hat, der in seinem Ausweis steht) schon mehrere Dienstleister betrogen oder es zumindest versucht.
Die Masche ist folgende: Er gibt aus dem Ausland eine Übersetzung in Auftrag und bezahlt sie mit einem Scheck. Allerdings schreibt er den Scheck „versehentlich“ über eine deutlich höhere Summe aus als vereinbart, und dieses überzahlte Geld möchte er natürlich zurückhaben und das möglichst bald. Wer jetzt so gutgläubig ist und ihm Geld schickt, wird eine böse Überraschung erleben, denn der Scheck den man selbst von diesem „Kunden“ bekommen hat, ist nicht gedeckt oder sogar gefälscht, was nicht immer sofort auffällt. Ich kenne sogar einen Fall, wo es selbst der einlösenden Bank nicht gleich aufgefallen ist, dass es sich um einen gefälschten Scheck handelte. Erst die Bankzentrale hat das bemerkt und das bereits ausgezahlte Geld direkt vom Konto des Scheckeinlösers zurückgebucht. Der Übersetzer bekommt also gar kein Geld von seinem vermeintlichen Kunden, sondern zahlt drauf wenn er den Schwindel nicht rechtzeitig bemerkt. Mal ganz abgesehen von der Arbeit, die er sich dann umsonst gemacht hat.
Nicht nur Übersetzer sind Ziel dieser Betrugsmasche. Im Grunde genommen funktioniert er bei allen Arten von Dienstleistern. Ein Patentrezept gegen solche Betrüger gibt es leider nicht. Mein einziger Rat ist, genau hinzusehen, sich nicht von großen Summen blenden zu lassen und den gesunden Menschenverstand zu benutzen. Und es weiterzuerzählen, wenn man es mit einem Betrüger zu tun hatte.